Wirkung der Gedanken auf der Astralebene

15.09.2017

Autorin: Annie Besant (1847 - 1933)   Die unklaren, nachlässigen Gedanken, welche der unentwickelte Intellekt beinahe ständig erzeugt, sammeln, wenn sie in die Astralwelt gelangen, lockere Wolken von Elementalessenz um sich und treiben umher, bald hierhin, bald dorthin zu anderen Wolken ähnlicher Art hingezogen; sie hängen sich an die Astralkörper von Personen, deren guter oder schlechter Magnetismus sie anzieht, und lösen sich nach einer Weile auf, um wieder Teil der allgemeinen Atmosphäre der Elementalessenz zu werden. Solange sie ein Sonderdasein führen, sind sie lebendige Wesen aus Elementalessenz und Gedanken als beseelendem Leben; man nennt sie dann künstliche Elementale oder Gedankenformen. 

Klare, bestimmte Gedanken haben ihre eigenen, ganz bestimmten Formen mit scharfen Umrisslinien und weisen eine große Verschiedenheit der Gestalt auf. Sie werden von Gedankenschwingungen gebildet, gerade wie wir auf der physischen Ebene Figuren kennen, die durch Schallschwingungen entstehen. Diese "Klangfiguren" sind einwandfreie Gegenstücke zu den "Gedankenformen", denn die Natur ist bei all ihrer unendlichen Mannigfaltigkeit doch sehr konservativ in ihren Grundsätzen und arbeitet in all ihren Reichen, Ebene für Ebene, nach denselben Methoden. Solche klar umrissene künstliche Elementale haben ein viel längeres und intensiveres Leben als ihre wolkigen Brüder und üben einen viel stärkeren Einfluss auf die Astralkörper (und durch diese auf das Denken) derjenigen aus, zu denen sie hingezogen werden. Sie erregen in ihnen Schwingungen, die ihren eigenen gleichen, und so verbreiten sich Gedanken von einem denkenden Wesen zum anderen ohne die Hilfe physischer Ausdrucksformen. Sie können von ihrem Urheber sogar auf bestimmte Personen gerichtet werden, die er zu erreichen wünscht. Ihre Wirkungskraft hängt dabei von der Willensstärke und der Intensität des Denkens des Senders ab. 

Bei Durchschnittsmenschen sind die Elementalformen, die durch Gefühle und Wünsche erzeugt werden, weit kräftiger und bestimmter als die durch Gedanken geschaffenen. So bildet ein Zornausbruch einen mächtigen roten Blitz von sehr bestimmtem Umriss, und lange verhaltener Groll eine gefährliche Elementalform von roter Farbe, mit Spitzen und Widerhaken versehen oder auf andere Art dazu angetan, zu verletzen. Liebe hingegen wird, je nach ihrer Art, Formen hervorbringen, die, mehr oder weniger schön nach Farbe und Art, alle Schattierungen von Rot zeigen, bis zu den feinsten Tönungen von Rosa, gleich den zarten Färbungen eines Sonnenunterganges oder einer Morgendämmerung, entweder wolkige oder kraftvoll schützende und doch zarte Formen. Manche liebevollen Gebete einer Mutter umschweben ihr Kind als Schutzengel und halten böse Einflüsse von ihm ab, die von seinen eigenen Gedanken vielleicht angezogen werden. 

Das Charakteristische an diesen künstlichen Elementalen ist, dass sie, wenn sie durch Willensanstrengung auf eine bestimmte Person gerichtet werden, nur von dem einen Drang beseelt sind, den Willen ihres Schöpfers auszuführen. Ein schützendes Elemental wird seine Schützling umschweben und jede Gelegenheit wahrnehmen, um Übles von ihm fernzuhalten oder Gutes anzuziehen, nicht bewusst, sondern aus blindem Drang, als folge es dabei der Linie geringsten Widerstandes. Ebenso wird ein von einem übelwollenden Gedanken beseeltes Elemental sein Opfer umlauern und eine Gelegenheit suchen, ihm zu schaden. Doch kann weder das eine noch das andere Elemental etwas ausrichten, wenn nicht im Astralkörper des Betroffenen etwas ihm Verwandtes vorhanden ist, etwas, das mit seinen Schwingungen mitschwingt und es ihm dadurch ermöglicht, sich festzusetzen. Finden die Elementale keine ihnen verwandte Materie in dem betreffenden Menschen, dann prallen sie, einem Naturgesetz folgend, von ihm ab und kehren auf demselben Weg, den sie gekommen sind, längs der magnetischen Spur, die sie hinterlassen haben, mit einer Kraft, die derjenigen ihrer Aussendung entspricht, zu ihrem Schöpfer zurück. So sind Fälle bekannt, dass ein Gedanke tödlichen Hasses, welcher der Person, auf die er geschleudert worden war, nichts anhaben konnte, seinen Urheber getötet hat, während gute Gedanken, Unwürdigen zugedacht, als Segnung zu dem zurückkehren, der sie aussandte. 

So kann schon eine geringe Kenntnis der astralen Welt als mächtiger Ansporn für rechtes Denken wirken und uns das Gewicht der Verantwortung bewusst werden lassen, welche uns für die Gedanken, Gefühle und Wünsche trifft, die wir ins Astralreich hinausschicken. Nur allzu viele Gedanken, mit denen die Menschen die Astralebene bevölkern, sind gierige Raubtiere, die ihre Beute zerreißen und verschlingen möchten. Doch die Menschen sündigen aus Unwissenheit, denn sie wissen nicht, was sie tun. Es ist einer der Zwecke theosophischer Lehrtätigkeit, die den Schleier vor den unsichtbaren Welten teilweise lüftet, den Menschen eine vernünftigere Grundlage für die Einrichtung ihres Verhaltens zu geben und ihnen eine bessere Würdigung von Ursachen zu ermöglichen, von denen in der physischen Welt nur die Auswirkungen sichtbar werden. Und wenige unter diesen Lehren sind in ihrer ethischen Tragweite wichtiger als diese von der Schaffung und Aussendung von Gedankenformen oder künstlichen Elementalen, denn durch sie erfährt der Mensch, dass die Beschaffenheit seiner Seele nicht nur ihn allein angeht, dass seine Gedanken nicht nur auf ihn allein einwirken, sondern dass er beständig Engel oder Teufel in die Welt der Menschen hinaussendet, für deren Erschaffung er verantwortlich ist und für deren Einfluss er zur Rechenschaft gezogen werden wird. 

Aus: Annie Besant, Uralte Weisheit, Edition Adyar im Aquamarin Verlag, Grafing 2006, S. 64-67


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